Vergabe- und vertragsrechtliche Aspekte (öffentliche/private Auftraggeber)
4.4
• Für öffentliche Auftraggeber ist die Verwendung der VOB verpflichtend. Ausschreibungspflichten, dass in der Leistungsbeschreibung, soweit im Einzelfall erforderlich, besondere Immissionsschutzvorgaben im Bereich der Baustelle anzugeben sind, ergeben sich hier u. a. aus der ATV DIN 18299, Abschnitt 0.1.13.
• Der öffentliche Auftraggeber darf die Verantwortung für Baulärm insoweit nicht auf den Bauunternehmer übertragen, soweit es sich bei den individuellen Leistungen um Besondere Leistungen im Rahmen der ATV DIN der VOB/C handelt. Dies würde einen Verstoß gegen § 8 Abs. 5 VOB/A darstellen.
Hinweis: Lärmminderungsmaßnahmen werden z. B. in folgenden ATV’en als „Besondere Leistungen“ beschrieben: ATV DIN 18301, Abschnitt 4.2.7 Bohrarbeiten; ATV DIN 18304, Abschnitt 4.2.12, Ramm-, Rüttel-, Pressarbeiten und ATV DIN 18459, Abschnitt 4.2.7, Abbruch- und Rückbauarbeiten.
• Vorgaben der VOB/A finden auf private Auftraggeber nur dann Anwendung, wenn sich diese den Regelungen der VOB unterwerfen. In diesem Fall sind die Hinweise für das Aufstellen der Leistungsbeschreibung in Abschnitt 0 der Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen, DIN 18299 ff. zu beachten. Dem privaten Bauherrn ist die Anwendung der VOB zu empfehlen, da die darin enthaltenen Regelungen insgesamt zu einer größeren Rechtssicherheit im Bauvertrag führen.
• Verträge mit privaten Auftraggebern unterliegen der Vertragsfreiheit. Es können hier auch andere Haftungsvereinbarungen getroffen werden, z. B., dass der Bauunternehmer die Verantwortung für den entstehenden Baulärm übernimmt. Sofern solche Vereinbarungen durch den Bauherrn in Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) geschlossen werden, können diese jedoch unwirksam sein, da sie einer Inhaltskontrolle nicht standhalten. Überdies sind Haftungsübernahmen dieser Art nur in den Grenzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) zulässig und können im Einzelfall unwirksam werden, bzw. eine Anpassung aufgrund Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) erfordern.
Für die Bauunternehmen stellen diese Haftungsvereinbarungen ein unkalkulierbares Risiko dar, weil hiermit explizit Bauherrenpflichten übernommen werden. Aus diesem Grund ist diese Verfahrensweise für Bauunternehmen nicht empfehlenswert.
Für alle Auftraggeber gilt jedoch:
Die für die Ausführung der Leistung wesentlichen Verhältnisse der Baustelle, z. B. Bodenverhältnisse, Nachbarschaft, besondere Immissionsschutzvorgaben, sind so zu beschreiben, dass der Bewerber ihre Auswirkungen auf die bauliche Anlage und die Bauausführung hinreichend beurteilen kann. Erfolgt diese Beschreibung nicht, so haftet der Bauherr dem Bauunternehmer für entstehende Mehrkosten und die Bauzeitverzögerung.
Sollten weitergehende Lärmminderungsmaßnahmen erforderlich sein, um die Baustelle betreiben zu können, z. B. um die Immissionsrichtwerte nach Abschnitt 3.1 der AVV Baulärm einzuhalten, wie solche nach Abschnitt 4.1 e), 4.2 oder 5 der AVV Baulärm oder eine Beschränkung der täglichen Betriebsdauer gemäß Abschnitt 6.7.1 der AVV Baulärm, so sind diese dem Bauunternehmer als „Besondere Leistungen“ gesondert zu vergüten.